Testament und Erbvertrag - die Erbfolge aktiv gestalten


 

Schätzungen zufolge werden in den nächsten 10 Jahren Immobilien und Geldvermögen im Wert von ca. 2 Billionen Euro vererbt. Wie oft dabei um den Nachlass gestritten wird und letztlich Gerichte entscheiden müssen, kann derzeit nicht vorausgesagt werden. Deswegen sollte jeder seinen Nachlass zu Lebzeiten regeln, um Streit zwischen den Erben zu vermeiden.

Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält zwar Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge. Entspricht diese aber nicht den individuellen Vorstellungen, kann jeder durch eine letztwillige Verfügung (Testament und Erbvertrag) die gesetzliche Erbfolge ausschließen und frei entscheiden, wem sein Vermögen nach seinem Tod zufallen soll.
Die am weitesten verbreitete Form einer solchen letztwilligen Verfügung ist das Testament, das der Erblasser jederzeit beliebig ganz oder in Teilen aufheben oder abändern kann. Daneben gibt es für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten. Der typische Fall ist das sogenannte Berliner Testament. Durch ein solches gemeinschaftliches Testament können im Gegensatz zum Einzeltestament Bindungswirkungen zwischen den Beteiligten ausgelöst werden.

Alternativ können Erblasser mit den künftigen Erben einen Erbvertrag abschließen, in dem die Erbfolge verbindlich festgelegt und grundsätzlich nicht mehr einseitig geändert werden kann. Besonders häufig finden Erbverträge bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften Anwendung, da ein gemeinschaftliches Testament hier nicht zulässig ist. Für den Erbvertrag ist die notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben.

Jedes Testament kann in privatschriftlicher Form errichtet werden. Es muss eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein und soll den Ort und das Datum der Errichtung enthalten.

 

 

Die notarielle Beurkundung ist aber auch hier zu empfehlen, weil sie zahlreiche Vorteile aufweist:

  1. Es erfolgt eine umfassende Beratung durch den Notar, der zugleich für die juristisch exakte Formulierung des Testaments sorgt und damit Streitigkeiten nach Testamentseröffnung vermeidet.
  2. Durch die Hinterlegung des notariellen Testaments beim Amtsgericht wird sicher gestellt, dass es nach dem Tode des Erblassers tatsächlich aufgefunden wird.
  3. Wenn ein notarielles Testament vorliegt, kann für die Abwicklung des Erbfalles im Regelfall auf einen Erbschein verzichtet werden. Das spart Kosten, weil die Beurkundungsgebühren für ein Testament geringer sind als die Gebühren, die für die Beantragung und Erteilung eines Erbscheines entstehen.
  4. Ist Grundbesitz vorhanden, kann die Berichtigung des Grundbuches auf den oder die Erben mit dem notariellen Testament und der Eröffnungsurkunde schnell erreicht werden.

 

Inhaltlich kann ein Testament oder Erbvertrag die verschiedensten Regelungen enthalten:

  • Die Einsetzung einer oder mehrerer Personen als Erben führt dazu, dass sie den gesamten Nachlass oder einen ideellen Anteil daran erhalten. Werden mehrere Erben eingesetzt, so können die Erbquoten beliebig festgelegt werden.
  • Soll eine Person einen bestimmten Vermögensgegenstand erhalten, z.B. das Hausgrundstück, so kann dies durch ein Vermächtnis angeordnet werden. Dadurch werden die Erben verpflichtet, den Gegenstand an die vom Erblasser bestimmte Person herauszugeben.
  • Neben der Festlegung der Erbquoten kann das Testament auch eine Teilungsanordnung enthalten, die den Erben vorschreibt, wie die einzelnen Nachlassgegenstände unter ihnen zu verteilen sind. So kann etwa bestimmt werden, dass bei der Aufteilung des Nachlasses die Ehefrau das Hausgrundstück und die Kinder das Barvermögen erhalten sollen.
  • Um die Ausführung dieser oder anderer testamentarischer Anordnungen zu gewährleisten, kann das Testament die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers vorsehen. So kann einem Testamentsvollstrecker z.B. die Verwaltung der Erbschaft für minderjährige Erben anvertraut werden.

Entspricht die gesetzliche Erbfolge nicht Ihren Vorstellungen, so ist die Errichtung eines Testaments oder ein Erbvertrag notwendig. Bei vermögenden Ehepaaren ohne Kinder oder mit Kindern aus verschiedenen Ehen und bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften besteht ein besonders dringender Bedarf für die Errichtung eines Testamentes oder eines Erbvertrages, weil die gesetzliche Erbfolge hier häufig nicht den Wünschen der Beteiligten entspricht. Die Testamentserrichtung sollte nicht auf den Lebensabend oder Krankheitsfall verschoben werden; gerade bei jungen Familien ist der Absicherungsbedarf für den Todesfall besonders hoch.


[zurück zur Übersicht]




























Die Erbrechtsreform 2010

 

Seit 1.1.2010 ist das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts in Kraft. Ziel des Gesetzes ist die Anpassung des Erbrechtes nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes an die heutigen Lebensverhältnisse unter besonderer Beachtung des verfassungsrechtlichen Schutzes des Pflichtteilsrechts der Abkömmlinge. Ferner soll die Verjährung der familien- und erbrechtlichen Ansprüche in das System der Regelverjährung des Bürgerlichen Gesetzbuches integriert werden.

 

Was hat sich nun verändert?

 

Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten können zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen der pflichtteilsberechtigten Angehörigen führen. Nach der bisherigen Gesetzeslage wurden pflichtteilsrelevante Schenkungen stets in voller Höhe bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche berücksichtigt, wenn seit der Schenkung noch keine zehn Jahre verstrichen waren. Der Gesetzgeber hat nun eine gleitende Ausschlussfrist eingeführt. Künftig werden pflichtteilsrelevante Schenkungen im ersten Jahr vor dem Erbfall weiterhin voll angerechnet. In den folgenden Jahren reduziert sich die Anrechnung dann jeweils um zehn Prozent.

Insbesondere dann, wenn Immobilien oder Unternehmen in den Nachlass fallen, stellen die Pflichtteilsansprüche der nicht zur Erbfolge gelangenden Angehörigen oft eine erhebliche Belastung für den Erben dar. Wird der Pflichtteil verlangt, ist der Zahlungsanspruch sofort fällig. Will der Erbe den Nachlass erhalten, muss er also eigenes Vermögen zur Befriedigung der Pflichtteilsberechtigten einsetzen. Kann er dies nicht, beliebt nur ein Verkauf z.B. des Eigenheims oder des Betriebes, der ggf. unter diesem Zwang nur unter Wertmöglich ist.
Abhilfe schafft hier oft eine Stundung des Pflichtteils. Nach der Erbrechtsreform kann jeder Erbe, also nicht wie früher nur ein selbst pflichtteilsberechtigter Angehöriger, eine Stundung des Pflichtteils verlangen. Allerdings muss dies dem Pflichtteilsberechtigten zumutbar sein, was insbesondere voraussetzt, dass auf Verlangen Sicherheit geleistet wird.

 

Künftig werden Pflegeleistungen von Angehörigen stärker berücksichtigt. Jeder Abkömmling, also Kind oder Enkel, der als gesetzlicher Erbe zur Erbfolge gelangt, hat einen Anspruch auf Ausgleichung gegenüber den Miterben, wenn er längere Zeit unentgeltlich Pflegeleistungen für den Erblasser erbracht hat, und zwar unabhängig davon, ob er dafür seine Erwerbstätigkeit aufgegeben hat oder nicht. Hierdurch werden künftig z.B. auch Rentner berücksichtigt. Die Neuregelung bezieht auch solche Pflegeleistungen ein, die bereits vor dem 1.1.201. erbracht worden sind. Wurde die Pflege von Schwiegerkindern erbracht, findet § 2057a BGB hingegen keine Anwendung. Hier kann der Erblasser selbst nur einen Ausgleich schaffen durch entsprechende Verfügungen z.B. in einem Testament.

 

Auch die als nicht mehr zeitgemäß empfundenen Gründe für die Entziehung des Pflichtteils wurden neu geregelt. Der Grund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ wurde aus dem Gesetz gestrichen. Neu ist dafür, dass eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung einen Grund zur Entziehung des Pflichtteils darstellt, wenn es dem Erblasser unzumutbar ist, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu blassen.

Konnte ein Erblasser einem Angehörigen bisher nur dann den Pflichtteil entziehen, wen dieser ihm, seinem Ehegatten oder leiblichen Kinder nach dem Leben trachtete oder schwer körperlich misshandelt hat, so ist der Kreis der geschützten Personen nunmehr erweitert auf alle nahe stehenden Personen (z.B. Lebenspartner, Pflegekinder, Stiefkinder).

 

Erbrechtliche Ansprüche unterliegen ab 1.1.2010 der Regelverjährungsfrist von drei Jahren, die mit Kenntnis des Anspruchs oder Kennen müssen ohne grobe Fahrlässigkeit beginnt. Bei Nichtkenntnis verjähren die Ansprüche andernfalls in 30 Jahren.



[zurück zur Übersicht]


































Die Erbschaftssteuerreform

 

Bereits zum 1.1.2007 wurde das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht grundlegend reformiert. Das Bundesverfassungsgericht hat vom Gesetzgeber eine einheitliche Besteuerung aller Vermögenswerte gefordert. Zuvor waren die Eigentümer von geerbten Immobilien gegenüber den Erben von Barvermögen durch erhebliche Bewertungsabschläge klar im Vorteil. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber zum 1.1.2007 die allgemeinen persönlichen Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer angehoben. Die aktuellen Freibeträge können Sie nachfolgender Tabelle entnehmen:

 

 

 

 

Freibetrag

Steuerklasse I

 

 

 

Ehegatte

500.000 €

 

Kinder, Stiefkinder oder Enkelkind, das anstelle eines bereits verstorbenen Elternteils Vermögen von den Großeltern erwirbt

400.000 €

 

Enkelkinder

200.000 €

 

 

alle übrigen Erwerber der Steuerklasse I, insbesondere Eltern bei Erwerb von Todes wegen

 

100.000 €

Steuerklasse II

 

Geschwister, Eltern bei Schenkungen unter Lebenden, Neffen/Nichten, Stiefeltern, Schwiegerkinder und -eltern und geschiedene Ehegatten

 

20.000 €

Steuerklasse III

 

eingetragene Lebenspartner

 

alle sonstigen Erwerber

 

500.000 €

20.000 €

 

Für selbst genutzte Wohnimmobilien und unter bestimmten Voraussetzungen auch für betriebliche Vermögen wurden zum 1.1.2007 Privilegierungen eingeführt.

 

Durch das am 1.1.2010 in Kraft getretene Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz nun erneut geändert worden:

 

Die Steuersätze der Steuerklasse II in § 19 Abs. 1 ErbStG wurden zum 1.1.2010 abgesenkt, was u.a. Geschwistern, Nichten und Neffen zugute kommt. Bis zum 31.12.2009 galten hier die gleichen Steuersätze wie in der Steuerklasse III. Die aktuellen Steuersätze können sie nachfolgender Tabelle entnehmen:

 

 

Wert des steuer- pflichtigen Erwerbs bis einschließlich ....... Euro

Prozentsatz

in der Steuerklasse

 

I

II

III

75.000 €

7

15

30

300.000 €

11

20

30

600.000 €

15

25

30

6.000.000 €

19

30

30

13.000.000 €

23

35

50

26.000.000 €

27

40

50

> 26.000.000 €

30

43

50

 

Erben von betrieblichen Vermögen sollen künftig stärker entlastet werden durch eine Verkürzung der bis zum 31.12.2009 geltenden Fristen für die Fortführung des Unternehmens und die Beibehaltung der Lohnsummen.

War der Betrieb bisher sieben Jahre fortzuführen und musste zusammengerechnet eine Lohnsumme von 650 Prozent beibehalten werden, um in den Genuss des Verschonungsabschlages (Reduzierung auf nur 15 Prozent der sonst fälligen Erbschaftsteuer) zu kommen, reichen nunmehr eine Fortführung für mindestens fünf Jahre und eine Lohnsumme von 400 Prozent (§ 13a Abs. 1 ErbStG.). Wählt der Erwerber gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG die sog. Nulloption, so soll er künftig den Betrieb sieben (vorher zehn) Jahre fortführen und in dieser Zeit eine Lohnsumme von 700 (vorher: 1.000) Prozent nicht unterschreiten.

Die sog. Lohnsummenregelung gilt nur für Unternehmen mit mehr als zwanzig Beschäftigten.

Bis zum 30.06.2010 gilt übergangsweise zusätzlich: Die abgemilderten Verschonungsvoraussetzungen gelten rückwirkend auch auf jene Erwerbe von Unternehmensvermögen in den Jahren 2007 und 2008, für die das Antragsrecht nach Art. 3 des Erbschaftsteuerreformgesetzes (BGBl. I 2008, S. 3081) ausgeübt worden war.

Sämtliche dargestellten Neuregelungen im Erbschaftsteuerrecht sind am 01.01.2010 in Kraft treten und gelten für alle Erwerbe, für welche die Steuer nach dem 31.12.2009 entsteht.

Pflichtteilsrecht und Lebensversicherung

 

Bislang bestand weitestgehend Einigkeit darüber, dass Vermögenswerte, die außerhalb der Erbfolge auf einen anderen übergehen, nicht zum Nachlass gehören und daher nicht bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen sind. Dazu zählten nach herrschender Meinung bislang auch Lebensversicherungen, wenn der Erblasser einen Bezugsberechtigten festgelegt hatte. Die Versicherungssumme wird in diesem Fall nämlich völlig unabhängig von der Erbfolge an den Bezugsberechtigten ausgezahlt. Pflichtteilserhöhend waren allein die in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall geleisteten Prämien. Danach konnten im Einzelfall durch Abschluss einer Lebensversicherung Vermögenswerte „am Nachlass vorbei“ übertragen werden und so der Pflichtteilsberechnung entzogen werden

Dem folgt das LG Göttingen in einem Urteil vom 23.03.2007 (ZEV 2007, 368) nicht: Bei einer Kapitalversicherung ist nach Ansicht des LG Göttingen Zuwendungsgegenstand vielmehr die ausgezahlte Versicherungssumme. Das Gericht begründet dies damit, dass der Erblasser im Augenblick seines Todes dem Bezugsberechtigten die gesamte Versicherungssumme zuwendet. Vor dem Erbfall kann der Erblasser jederzeit den Bezugsberechtigten ändern oder die Versicherungsleistung an sich selbst auszahlen lassen. Somit trete die endgültige Entäußerung des Vermögens erst mit dem Versicherungsfall ein. Danach kommt also eine „Pflichteilreduzierung“ durch Abschluss einer Lebensversicherung nicht mehr in Betracht.

 

 

[zurück zur Übersicht]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
















 

 

 

 

 

Informationen zum downloaden

 

 

Zum Betrachten der PDF-Dokumente benötigen Sie den Adobe Reader. Hier können Sie den Reader bei Bedarf herunterladen.

[hier Adobe Reader downloaden]

 

[zurück zur Übersicht]